Aus dem Leben eines Einzelgängers

 

Einen Tagedieb

Schelten mich die Nachbarn.

Doch ich

Schön früh

Im Schweiße meines Angesichtes

Säge an dem Ast, auf dem ich sitze,

Überprüfe meine brachliegenden Äcker und

Werfe fleißig

Die Flinte ins Korn.

 

Schlägt es dreizehn,

Löffle ich fromm

Die Suppe aus, die ich mir

Eingebrockt habe, und beiße zufrieden

In den sauren Apfel.

Ein gut Gewissen ist der beste Koch.

 

Kommt Besuch,

Setze ich die Herren

Gemütlich zwischen zwei Stühle,

Die Damen in Verlegenheit und

Mich selbst in die stets bereiten

Brennesseln.

 

Zu festlichen Gelegenheiten

Schlage ich dem Faß den Boden aus und

Schlachte die Henne, die die goldenen Eier legt.

Carpe diem!

Das heißt: Nütze den Tag!

 

Endlich Feierabend.

Ich lege mich auf die wohlverdiente

Bärenhaut, falte die Hände

in den Schoß und

Träume

Von aller Tage Abend.

 

Mascha Kaléko

1. Dezember

CF