Teil 3

 

In diesem Herbst nächtigte ich bei Großvater Larion am Urschensker

See. Der Hase schlief im Flur und klopfte manchmal im Traum laut mit der

Hinterpfote auf den Boden. Wir tranken den Tee nachts und beim Tee

erzählte mir der Großvater endlich die Hasengeschichte.

 

Im August war der Großvater am Nordufer des Sees auf die Jagd gegangen.

Die Wälder waren trocken wie Pulver. Dem Großvater kam ein Häschen mit abgerissenem linken Ohr in die Quere. Er schoss nach ihm, traf aber nicht. Der Hase riss aus.

 

Der Großvater ging weiter. Doch auf einmal wurde er unruhig: Von Süden her roch es stark nach Brand. Wind kam auf. Der Rauch wurde dichter, er zog schon in weißen Schwaden durch den Wald. Das Atmen wurde schwer. Der Großvater sah, dass ein Waldbrand ausgebrochen war und das Feuer gerade auf ihn zukam. Der Wind wandelte sich zu einem Orkan. Das Feuer jagte mit unerhörter Geschwindigkeit über die Erde. Auch ein Zug hätte einem solchen Feuer nicht entrinnen können. Der Großvater rannte über Grasbuckel, stolperte, fiel, der Rauch biss ihm in die Augen,  und von hinten hörte er bereits das große Brausen und Prasseln der Flammen. Der Tod hatte Großvater eingeholt, packte ihn an der Schulter. Und in diesem Augenblick sprang ein Hase unter Großvaters Füßen weg. Er lief langsam und schleppte die Hinterpfoten nach. Erst da merkte Großvater, dass sie angesengt waren.

 

Der Großvater freute sich über den Hasen, als habe er seinen besten Freund getroffen. Als alter Waldbewohner wusste er, dass die Tiere viel besser als die Menschen spüren, woher das Feuer kommt und sich immer retten. Sie kommen nur in seltenen Fällen um, in denen das Feuer sie einkreist. Der Großvater lief hinter dem Hasen her. Er lief, weinte vor Angst und schrie: „Wart, Lieber, renn nicht so schnell!“ Der Hase führte Großvater aus dem Feuer heraus.  Als sie aus dem Wald an den See gelangt waren, fielen beide vor Müdigkeit um. Der Großvater hob den Hasen auf und trug ihn nach Hause. Der Hase hatte sich die Hinterläufe  und den Bauch verbrannt. Dann ließ ihn der Großvater gesundmachen und behielt ihn bei sich.

 

„Ich bin also vor diesem Hasen sehr schuldig geworden!“ sagte Großvater. „Wieso?“ fragte ich.  „Aber guck dir doch bloß mal den Hasen an, meinen Retter, dann wirst Du’s erfahren.“ Ich nahm die Laterne vom Tisch und ging in den Flur. Der Hase schlief. Ich beugte mich mit der Laterne über ihn und erkannte, dass das  linke Ohr des Hasen abgerissen war. Da war mir alles klar.                                            Konstantin Paustowskij

Freitag 6. Dezember

Nikolaus

Die Hasenpfoten