Überfluß
Ein neuer Stern ist entdeckt, - was nicht bedeutet, es wäre heller geworden
und etwas, was fehlte, wäre hinzugekommen. Der Stern ist groß und fern, so fern, daß wiederum klein, kleiner sogar als die andern, die noch viel kleiner sind. Verwunderung wäre hier nicht verwunderlich, hätten wir dafür Zeit.
Das Alter des Sterns, die Masse des Sterns, die Lage des Sterns, das alles reicht womöglich zu einer Doktorarbeit und für ein bescheidenes Gläschen Wein in Kreisen, die nahestehen dem Himmel, dem Astronom, seiner Frau, den Verwandten und den Kollegen ohne Kleiderzwang, bei aufgelockerter Stimmung. Lokale Themen beherrschen die Konversation, und Erdnüsse werden geknabbert.
Der Stern ist herrlich, aber das ist noch kein Grund, aufs Wohl der und unvergleichlich näher stehenden Damen nicht anzustoßen.
Ein Stern ohne Konsequenz. Ohne Einfluß auf Wetter, Mode, das Spielergebnis , auf Einkommen, Regierungswechsel, die Krise der Werte.
Wozu hier fragen, unter wie vielen Sternen der Mensch geboren werde, unter wie vielen Sternen er nach einer Weile sterbe?
Ein neuer, Zeige mir wenigstens, wo er ist. Zwischen dem Rand dieses grauen ausgefransten Wölkchens und jenem Akazienzweig, weiter links, ja dort. Ich sage – aha.
Wisława Szymborska |
8. Dezember |