Ab 1. Februar 2025 lädt die evangelische Kirchengemeinde jeweils am 1. eines Monats um 19 Uhr dazu ein, an verschiedenen Orten in der Region für einen Moment innezuhalten, das Leben zu bedenken, zu spüren, zu feiern und zu gestalten.

 

Am 1. Juni fand die Veranstaltung in den Kleingärten „Friede” im Mühlweg in Markt Erlbach statt.  Um 19 Uhr saßen zahlreiche Besucher gemütlich im Garten hinter dem Kleingartenhaus.  Daniele Finnberg spielte zum Einstieg ein Musikstück auf dem E-Piano.  Pfarrerin Kirsten Kemmerer hieß die Gäste in den Kleingärten, mitten in der Natur, herzlich willkommen.  Da, wo alles wächst und gedeiht, wo das Leben blüht, möchte sie auf unterschiedliche Weise über das Leben nachdenken.

 

Sie erzählte, wie sie in Tränen ausgebrochen war, als die Blüte ihrer ersten Passionsblume aufgegangen war, weil sie von deren Schönheit so berührt gewesen war.  Das Leben in seiner grenzenlosen Vielfalt ist ein Wunder, das nach Gott fragen lässt.

 

Nach dem Gebet und dem Eingangslied „Geh aus, mein Herz …” erzählte sie noch eine Geschichte:

Einmal zur Mittagszeit, da wurde es still in der Kleingartensiedlung nahe dem Waldrand.  Alles ruhte. 

Da steckte der Buchfink sein Köpfchen hervor und fragte: Was ist das Leben?  Alles waren betroffen über diese schwere Frage. 

Eine Rose entfaltete ihre Knospe und schob behutsam ein Blatt ums andere heraus.  Sie sprach: Das Leben ist eine Entfaltung. 

Weniger tief veranlagt war der Schmetterling. Lustig flog er von einer Blume zur anderen, naschte hier und dort und sagte: Das Leben ist lauter Freude und Sonnenschein. 

Drunten am Boden schleppte sich eine Ameise mit einem Strohhalm, der zehnmal länger als sie selbst war, und sagte: Das Leben ist nichts als Mühsal und Arbeit. 

Geschäftig kam eine Biene von einer honighaltigen Blume zurück und meinte dazu: Das Leben ist ein Wechsel von Arbeit und Vergnügen. 

Wo so weise Reden geführt wurden, steckte auch der Maulwurf seinen Kopf aus der Erde und sage: Das Leben ist ein Kampf in Dunkel.

Die Elster, die selbst nichts weiß, und nur vom Spott der anderen lebt, sagte:  Was ihr für weise Reden führt!  Man sollte wunder meinen, was ihr für gescheite Leute seid! 

Es hätte nun fast einen großen Streit gegeben, wenn nicht ein feiner Regen eingesetzt hätte, der sagte: Das Leben besteht aus Tränen, nichts als Tränen.  Dann zog er weiter zum Meer. 

Dort brandeten die Wogen und warfen sich mit Gewalt gegen die Felsen, kletterten daran in die Höhe und warfen sich dann wieder mit gebrochener Kraft ins Meer zurück und stöhnten: Das Leben ist ein stetes, vergebliches Ringen nach Freiheit. 

Hoch über ihnen zog ein Adler majestätisch seine Kreise, der frohlockte:  Das Leben ist ein Streben nach oben.  Nicht weit davon stand eine Weide, die hatte der Sturm schon zur Seite geneigt.  Sie sprach:  Das Leben ist ein Sich-Neigen unter einer höheren Macht. 

Dann kam die Nacht.  Im lautlosen Flug glitt ein Uhu durch das Geäst des Waldes und krächzte:  Das Leben heißt, die Gelegenheit nutzen, wenn die anderen schlafen.

Schließlich wurde es still in der Kleingartensiedlung am Waldrand. 

Nach einer Weile ging ein Mann durch die Straßen nach Hause.  Er kam von einer Lustbarkeit und sagte so vor sich hin:  Das Leben ist ein ständiges Suchen nach Glück und Erfolg sowie eine Kette von Enttäuschungen.

 

Auf einmal flammte die Morgenröte in ihrer vollen Pracht auf und sprach:  Wie ich, die Morgenröte, der Beginn des kommenden Tages bin, ist das Leben der Anbruch der Ewigkeit.“

 

Pfarrer Kemmerer stellte die Frage: „Was ist das Leben?“ – eine einfache Frage, die sich jedoch nicht leicht beantworten lässt.  Würden wir ähnlich viele Antworten finden wie die Tiere in dieser Geschichte?

 

In 1. Mose 2,7 steht, dass Gott den Menschen aus Staub von der Erde formte und ihm den Odem des Lebens in die Nase blies.  Und so ward der Mensch ein lebendiges Wesen.  Erst Gottes Odem, sein Geist, macht das Leben zum Leben.  Leben ist Gottes Odem in uns und in allem, was existiert.

Leben ist Arbeit und Mühe, nicht selten ein Kampf, der aus vielen Tränen, aber auch purer Freude und Sonnenschein besteht.  Leben ist ein Sich-Beugen, aber auch ein Streben nach Freiheit.  Das Leben ist mehr, als wir sehen und beschreiben können.

 

Die Morgenröte sagt: „Wie ich, die Morgenröte, der Beginn des kommenden Tages bin, so ist das Leben der Anbruch der Ewigkeit.“  Leben ist Verbunden-Sein mit der Ewigkeit.  Wo wir das Leben als solches spüren, sind wir mit der Ewigkeit und mit dem, der uns leben lässt, verbunden.

 

Das Leben ist eine Einladung zu Gott und zur Ewigkeit.

 

Als Erinnerung hat Pfarrer Kemmerer eine Postkarte für alle Gäste mitgebracht, damit sie die Frage „Was ist das Leben für dich?” nicht aus den Augen verlieren.

Nach dem Impuls sangen wir die beiden Lieder „Herr, ich sehe deine Welt“ und „Weißt du, wie viel Sternlein stehen“.  Nach dem Segensgebet und dem musikalischen Ausklang blieben noch viele Gäste in den Kleingärten, um sich zu unterhalten.

 

Das nächste „Moment am Ersten“ am 1. Juli findet im Pfarrgarten in Markt Erlbach statt.  Alle sind herzlich eingeladen!

Zuversicht

Ein Moment am ERSTEN

Sonntag, den 1. Juni 2025 um19:00 Uhr

in den Kleingärten im Mühlweg in Markt Erlbach

 

Bilder und Text:

Lee Pheng Hadlich